Stadtbahn 1902 – auch Steinhausen wollte
Kurz vor Abgabetermin der Episode in der Zuger Zeitung über die Haltestelle Steinhausen bekam ich von der Abteilung Zuger Sammlung und Dokumentation der Bibliothek Zug die Gelegenheit, die durchsuchbaren PDFs der Jahrgänge 1901 bis 1919 der beiden Zuger Zeitungen auf meine externe SSD zu laden. Durchsuchbar, yeahh! Die SSD-Festplatte schwitzte bald und der Blogger auch – da gab es doch noch einiges zum Stichwort «Motorwagen». Zum Glück musste nichts korrigiert werden am Artikel. Aber der Platz – und die Zeit – reichte nicht mehr, eine neu aufgetauchte recht witzige Begebenheit zu erzählen, was hier als kurze Geschichte nachgeholt sei.
Steinhausen hatte im Herbst 1902 – zum Zeitpunkt des Startes des Motorwagendienstes – zwar noch keine Haltestelle, aber es war schon im Frühling 1902 ziemlich sicher, dass es eine bekommen wird. (Die Geschichte dazu in der Zuger Zeitung vom 3.6.2022.) Was den Steinhauser Gemeinderat auf den Plan rief. Er verlangte von der Zuger Regierung einen Motorwagendienst bis Steinhausen, und zwar vier Mal pro Tag.
Nicht alle waren überzeugt, dass die Zuger Regierung dieses Anliegen der Steinhauser bei der Fahrplaneingabe mit Nachdruck vertrat, was am 29. März 1903 einen Leserbrief in den Zuger Nachrichten provozierte, der es wert ist, in extenso zum Download angeboten zu werden:
Für diejenigen, die keine Frakturschrift lesen mögen hier als Dienstleistung der Leserbrief in Arial.
Dieser Leserbrief schien der Regierung Beine gemacht zu haben, sie deponierte in Bern das Begehren der Bedienung von Steinhausen durch den Motorwagendienst. Am 2. September 1902 musste sie die Öffentlichkeit aber über die Mitteilung der Generaldirektion der Bundesbahnen orientieren, «daß vom 1. Oktober an versuchsweise an Werktagen Fahrten mit einem Motorwagen auf der Strecke Baar-Zug-Rothkreuz ausgeführt werden, daß aber von der Ausdehnung solcher Fahrten nach der Ortschaft Steinhausen aus betriebstechnischen Gründen Umgang genommen werden müsse. — Vorbehalt des Zurückkommens auf die Bedienung von Steinhausen anläßlich der Vorlage des betreffenden Fahrplanes.» (Zuger Nachrichten vom 2.9.1902)
Immerhin förderte dieser Rückschlag den Willen der Regierung zur Subventionierung einer Haltestelle Steinhausen, denn in den Zuger Nachrichten vom 25. Oktober 1902 war folgendes aus den «Regierungsrathsverhandlungen» zu erfahren: «Von der Mitteilung der Generaldirektion der schweizer. Bundesbahnen, daß der Motorwagen-Verkehr nicht nach Steinhausen ausgedehnt werden könne, weil es nicht angehe, einen Punkt der offenen Linie als Endpunkt von regelmäßigen Fahrten aufzunehmen, wird Vormerk genommen und der Gemeinde Steinhausen eine kant. Subvention, bezw. die Befürwortung einer solchen beim Kantonsrate an die Kosten der Erhältlichmachung einer Station in Aussicht gestellt.»
Was aus heutiger Sicht erstaunt: einen Motorwagenkurs Zug-Cham-Rothkreuz-Cham-Steinhausen-Zug verlangte offenbar niemand, auch nicht nachdem Steinhausen im Herbst 1904 seine Haltestelle bekommen hatte. Dabei wäre das dank der bestehenden Sumpfweiche durchaus möglich gewesen, wie dieser Ausschnitt aus der Siegfriedkarte von 1898 zeigt:
Und der Motorwagen konnte ja in beide Richtungen fahren, wie diese technische Zeichung des Daimler zeigt: